· 

Liebe ist...

 

... dasein. Präsent sein. Ehrlich sein. Echt sein lassen. Oder wie Gerald Hüter es in Worte fasst:

 

Liebe ist das unbedingte Interesse an der Entfaltung des anderen. 

 

Ich liebe unsere Möglichkeiten wegweisenden Menschen in ihren Podcasts und Gedanken zu folgen. Immer wieder komme ich bei Gerald Hüther an. Sein Talk Was Eltern und Lehrer nicht hören wollen ist sehr ehrlich, direkt und liebevoll. Meine Schlüsselmomente teile ich hier mit dir, den Link zum Talk findest du unten.

 

Liebe bedeutet nicht, dass wir unseren Kindern alle Steine aus dem Weg räumen. Wir brauchen Kinder mit Eigensinn. Wir brauchen Eltern, die vorleben. Wir müssen unsere Kinder einladen, sie ermutigen, inspirieren, sich für etwas zu interessieren, was wir für wichtig halten und was sie eigentlich im ersten Moment nicht wollen. Und wir können einen anderen Menschen nur einladen, wenn man ihn mag. Ich kann jemanden anderen nur mögen, wenn ich mich selber mag, mein authentisches Selbst. 

  

Denn Liebe ist das unbedingte Interesse an der Entfaltung eines Menschen.

Selbstliebe ist das unbedingte Interesse an meiner eigenen Entfaltung. 

Liebe zu meinen Kindern ist somit auch, wenn ich meine Selbstliebe übe, denn meine Kinder lernen über mein Vorbild. 

 

In meiner 4. Klasse stehen Berufspräsentationen an und ein Mädchen interviewte mich zu meinen Lehrerinnen-Sein. Sie fragte: Was glaubst du, was braucht eine Lehrerin oder ein Lehrer unbedingt, um in diesem Beruf gut zu sein?

Für mich ist es die Liebe zu den Kindern. Sie mit all ihren Ideen und ihrer Neugier sowie ihren Ecken und Kanten, und auch mal Gefühlsausbrüchen so zu nehmen, wie sie sind. Das geht nur, wenn ich es ihnen vorlebe, liebevoll mit mir selbst in allen Hochs und Tiefs zu sein. 

In meiner Klasse dürfen die Kinder authentisch sein und im Miteinander lernen. Genauso wie ich authentisch bin, wenn mich etwas begeistert und auch wenn ich ihnen klar sage, wenn sie Grenzen überschreiten, die andere Kinder und unsere Gemeinschaft in Mitleidenschaft zieht. Denn Kinder lernen durch Beobachtungen. Und uns Erwachsene beobachten sie sehr genau. 

 

Ich bringe meinen Kindern - und damit meine ich den Kindern, die mir anvertraut sind* sowie meiner eigenen Tochter - auch bei ihre Grenzen durch Körpersprache und ihre Stimme auszudrücken. Genauso wie ich sie ermutige sich auszuprobieren, ohne Angst davor einen Fehler zu machen und dass Lernen manchmal harte Arbeit ist, bis endlich der Knopf aufgeht und sie mich anstrahlen, weil sie etwas durch ihr eigenes Handeln, ihr Dranbleiben und Lernen, geschafft haben. 

 

Etwas zu schaffen ist zutiefst befriedigend für uns Menschen.

Deshalb müssen wir den Kindern unserer Welt etwas zutrauen.

 

Und - wie auch Gerald Hüther und Jan Uwe Rogge immer wieder betonen - ihnen nicht alle Steine aus dem Weg räumen. Denn wir Eltern sind die Älteren. Wir wissen doch, dass das Leben nicht nur eine gmahte Wiesn ist. Darauf müssen wir unsere Kinder vorbereiten, wenn wir wollen, dass sie ein selbstbestimmtes, sinnstiftendes Leben führen werden. 

 

Es ist unser Auftrag unsere Erfahrungen reflektiert weiterzugeben, damit unsere Kinder nicht alles von vorne lernen müssen. Was unsere Kinder im eigenen Erwachsenensein daraus machen, liegt an ihnen. Gerald Hüther spricht in seinem Talk darüber, wie sein Großvater ihn um sechs Uhr morgens bei einem Frühstück in Zweisamkeit auf den Schoß genommen hat und ihm über den ersten Weltkrieg erzählt hat. Auch von meinem Großvater kenne ich Erzählungen aus dem zweiten Weltkrieg. Diese Erzählungen waren ehrlich, ruhig und doch voller Emotion. Sie haben mich als Kind tief berührt und geprägt, dass ich in mir den unbedingten Wunsch nach Frieden habe, damit diese Gräueltaten wo auch immer nie wieder passieren oder endlich enden.

Es wird derzeit ständig davon gesprochen, wie die Traumata früherer Generationen uns im Negativen geprägt haben. Ich wünsche mir eine Generation, die auf den Lehren ihrer Ahninnen und Ahnen aufbaut. Dazu gilt es Familiengeheimnisse zu lüften und ehrlich sowie authentisch mit unseren Kindern zu sprechen, ihnen von unserem Leben und dem unserer Vorfahren zu erzählen.

 

Bis unsere Kinder erwachsen sind, sind wir die Menschen mit mehr Lebenserfahrung, die wir mit Ihnen teilen sollten. Das heißt nicht, dass Kinder nicht bereits tiefe Weisheit in sich tragen. Deshalb brauchen wir eine echte, authentische Beziehung mit unseren Kindern, um von einander zu lernen und miteinander zu wachsen.

 

Wenn ich in meiner Klasse über die Entstehung des Lebens erzähle und die Kinder mich mit großen Augen anblicken, sage ich immer dazu: Das ist der Stand des Wissens jetzt. Früher dachten die Menschen, dass die Erde flach wäre oder der Mittelpunkt unseres Sonnensystems ist. Deshalb hör bitte genau zu und lerne. Lerne alles, was du lernen kannst, auch wenn du jetzt noch nicht ganz weißt wozu. Und wer weiß, vielleicht wirst du später auf diesen Erklärungen aufbauen und ein ganz neues Weltbild entwickeln. Krankheiten heilen. Unsere Gesellschaft verändern. Zumindest hast du dann sehr gute Chancen dir deinen Beruf, dein Leben so aussuchen und zu gestalten, dass du ein zufriedenes Leben leben kannst.

 

Wir brauchen Kinder mit Eigensinn. Kinder die hinterfragen, statt immer nur Ja sagen.

Wir brauchen unseren eigenen Eigensinn, um ihnen vorzuleben, wie das geht.

Wir brauchen den Mut zu unserer Authentizität, unserer Echtheit, die unter den antrainierten, stets korrekten Verhaltensweisen darauf wartet gelebt zu sein. Echt sein. Mensch sein. Du sein lassen. Ich sein üben.

 

Meinem authentisches Selbst komme ich durch diese Fragen näher:

Will ich das jetzt überhaupt?

Tut mir das gut?

Tut mir das gut, was ich hier gerade mache?

 

Wenn nein, sollte ich damit aufhören, weil wir sonst ein Mensch werden, der gegen sich selbst und sein eigenes authentisches Selbst verstößt und sich selbst verletzt. Es gibt drei Wege in die Veränderung. Erstens: Es kommt eine Krise, in der wir etwas ändern müssen und kommen dadurch vielleicht in Kontakt mit unserem wahren Selbst. Zweitens: Sternstunden, die plötzliche Erkenntnis: Ich führe hier das komplett falsche Leben. Leider neigen wir Menschen dazu lieber doch wieder in den alten Trott zu fallen. 

Deshalb spricht Gerald Hüther vom dritten Weg, der die meisten Erfolgschancen hat: 

Einfach liebevoller mit uns selbst umgehen. Dann passiert es: wir kommen immer mehr bei uns selbst an.

 

Mögen wir alle den Mut haben ganz bei uns selbst anzukommen und uns zu lieb zu haben.

Denn der innerste, unverletzte Wesenskern von uns Menschen ist durch und durch gut.

Davon bin ich fest überzeugt.

 

Von Herzen,

Sigrid 

 

 

* Anmerkung: Wie die meisten Lehrerinnen und Lehrer spreche auch ich meist von "meinen Kindern", wenn ich über meine Schülerinnen und Schüler sprechen, was für mich ausdrückt, wie viel Herzblut und Beziehungsarbeit in meiner Tätigkeit als Lehrerin steckt. Schülerinnen und Schüler sein ist eine Rolle. Kindsein ist natürlicher Seinszustand.

 


Links:

 

Gerald Hüther - Was Eltern und Lehrer nicht hören wollen

https://www.youtube.com/watch?v=Y0YJLE-OLVQ

 

Das könnte dich auch interessieren:

Dr. Jan-Uwe Rogge - Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhört und wie Sie zuhören.

https://www.youtube.com/watch?v=wY56wZPpjTE

Kommentar schreiben

Kommentare: 0